Rechtliches

 

Fracking – bisherige Rechtslage:

1.  Das Bundesberggesetz vereinheitlicht unterschiedliche lokale Regelungen:                               – vor 1865: linksrheinisch galt seit 1810 das französische Bergrecht                             – rechtsrheinisch galten mittelalterliche Bergregale der einzelnen Länder                          1865: Allgemeines Preußisches Berggesetz (ABG), extrem wirtschaftsfreundlich (wird bis ca. 1880 von Sachsen etc. mit eigenen Modifikationen übernommen). Umweltschutzaspekte und Bürgerbeteiligung kommen nicht vor.                                                                       1934-1942: Autarkiestrebungen des NS. Erdöl zur wichtigsten Ressource erklärt. „Aufsuchung und Gewinnung sollen so wenig wie möglich beeinträchtigt werden“.  1947: Mit Liquidierung Preußens wird auch das ABG von 1865 hinfällig. Bergrechtliche Hoheit geht auf die Länder der BRD über. Niedersachsen kennt alleine vier unterschiedliche Berggesetze: Braunschweig, Lippe, Oldenburg, Preußen.                      1976-80: Ausarbeitung des BBergG unter Federführung des FDP-geführten Bundeswirtschaftsministeriums. BBergG wird 1980 beschlossen, tritt am 1.1.82 in Kraft.

2.  Bereits im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 9.12.77 sind Bedingungen formuliert, welche die Rohstoffsicherungsklausel des NS einschränken: „Je nach Lage des Einzelfalles ist beispielhaft zu verweisen etwa auf Erfordernisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege, der Raumordnung und Landesplanung, des Verkehrs und des Gewässerschutzes. Im Interesse einer möglichst umfassenden und lückenlosen Berücksichtigung aller öffentlichen Belange durch die zuständige Behörde ist in § 15 die Anhörung aller übrigen beteiligten Behörden vorgesehen.“ Siehe S. 87: http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/08/013/0801315.pdf

3.  Zahlreiche Konflikte mit Bürgerinitiativen etc. führen zu Gerichtsbeschlüssen, die das BBergG „modifizieren“: „Das Bergrecht hat sich seit seinem Inkrafttreten vor 30 Jahren durch Gesetzgebung und Rechtsprechung stark weiterentwickelt. Hierzu hat vor allem die verstärkte Öffnung des Bergrechts zum öffentlichen Recht und insbesondere zum Umweltrecht erheblich beigetragen“ (aus dem Standardwerk von      Piens/Schulte/Graf Vitzthum). Besonders wichtig: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.10.98: Rechtsanspruch der Kommune, vor Erteilung einer Aufsuchungsgenehmigung „gehört“ zu werden. Der Gesetzgeber wolle „verhindern, daß Bergbauberechtigungen verliehen werden, die nicht die Erwartung rechtfertigen, jemals ausgeübt werden zu können. § 11 Nr. 10 BBergG steht in einem sachlichen Zusammenhang mit den Vorschriften, die die eigentliche Bergbautätigkeit unter einen Zulassungsvorbehalt stellen“. (Habeck bestritt die Allgemeingültigkeit dieses Urteils.)

4.  Oberverwaltungsgericht Mannheim definiert „öffentliche Interessen“. Konkurrierende Interessen, z.B. Tourismus, FFH, Trinkwasserschutzgebiete etc. sind kartografisch zu lokalisieren. Auf einer Basiskarte  sind die unterschiedlichen Interessengebiete abzubilden. Wenn nur noch eine relative Fläche für die Förderung von Bodenschätzen übrig bleibt (z.B. 20-30 %), liegt ein öffentliches Interesse für das ganze Gebiet vor. Aufsuchungsgenehmigungen sind dann für das GANZE Gebiet zu untersagen. Siehe Böhm-Gutachten: http://frackingfrei.files.wordpress.com/2013/06/2013-03-20-rechtsgutachten-bc3b6hm-zu-fracking.pdf    (Habeck und LBEG ignorieren es)

5.  Ausgelöst durch Protest der Öffentlichkeit (17.000 Mitglieder der BI „frackingfreies Hessen“, über hundert Kommunen), gestützt durch das Böhm-Rechtsgutachten und geologische Untersuchungen, lehnt die schwarz-gelbe Wiesbadener Landesregierung den Aufsuchungsantrag der kanadischen BNK Energy im Feld „Adler South“, 5.212 qkm ab. BNK legt Rechtsmittel ein – Verfahren ist derzeit vor dem VG Kassel anhängig.

6.  Gebündelt dargestellt im Offenen Brief der Aktionsgemeinschaft vom 3.2.14 an Habeck: http://ploenzeile.de/2014/02/18/offener-brief-an-umweltminister-dr-habeck/ (Minister Dr. Habeck hielt es nicht für nötig zu antworten.)

Eckpunkte zur BBergG-Novellierung

2013: Initiative der Bundesminister Rösler (FDP) und Altmaier (CDU) („Rösmaier-Initiative“) zur BBergG-Novellierung scheitert am Widerstand der Öffentlichkeit und einer Reihe von CDU-Bundestagsabgeordneten vor allem aus dem Trinkwassereinzugsgebiet des Bodensees.

9.5.14: Einstimmiger Beschluss der Umweltminister aller Bundesländer und der Bundesumweltministerin Dr. Hendricks (SPD): BBergG solle novelliert werden. Verbot von toxischem Fracking in unkonventionellen Lagerstätten. UVP solle generell gelten, die Öffentlichkeit stärker einbezogen werden. Die Länder SH, BaWü und Hessen werden beauftragt, eine Vorlage in den Bundesrat einzubringen. Bundeswirtschafts- und Energiewendeminister Gabriel (SPD), der beim Fracking den Hut auf hat, widerspricht.

17.5.14: Auf einer Antifracking-Kundgebung in Prasdorf erklärt Minister Habeck, er trete nur aus taktischen Gründen für ein Verbot toxischer Chemikalien ein – anders ließe sich keine Mehrheit im Bundesrat erreichen. Persönlich und als GRÜNER lehne er jede Injektion von Chemikalien in den Boden ab.

Juni/Juli 2014: Noch vor Veröffentlichung des UBA-Gutachtens zu den Risiken des Frackings bringen Gabriel und Hendricks ein Eckpunktepapier ins Bundeskabinett: Toxisches Fracking in „unkonventionellen Lagerstätten“ (Schiefer) solle bis zu einer Tiefe von 3.000 m untersagt werden. In „konventionellen Lagerstätten“ (Sandstein) sei Fracking „mit schwach wassergefährdenden Chemikalien“ generell zulässig – das würde ca. 80 % der frackbaren Gesamtfläche betreffen. Eine wissenschaftliche Definition, was „schwach wassergefährdende Chemikalien“ seien, existiert nicht. De facto läuft dies auf die Legalisierung vieler toxischer Chemikalien hinaus. Giftstoffe im Flowback dürfen weiter in den Boden gepresst werden. Stärkere Beteiligung der Öffentlichkeit. UVP werde zur Pflicht. Besondere Interessen der Wasserversorger, Bierbrauer etc. seien zu berücksichtigen. Beweislastumkehr. Medien verstärken den Eindruck, Fracking sei „generell vom Tisch“.

2.7.14: Niedersachsens Umweltminister Wenzel (GRÜNE) bringt einen eindeutigen Pro-Fracking-Antrag in den Bundesrat ein: Fracking in „konventionellen Lagerstätten“ solle grundsätzlich wie bisher weiter betrieben werden. In NDS lagern 95 % aller deutschen Erdgasvorkommen. Die „konventionelle“ Gasförderung ist durch Erschöpfung der Quellen bereits auf die Hälfte gesunken. Entsprechend Druck machen die Erdgaskonzerne.  https://www.umwelt-online.de/PDFBR/2014/0285_2D14.pdf

Juli 14: Die Länder SH, BaWü und Hessen bringen wie am 9.5. beschlossen ihren Antrag in den Bundesrat ein: „Es sollte ein Verbotstatbestand für das Fracking zur Aufsuchung und Förderung von Kohlenwasserstoffen aus unkonventionellen Lagerstätten unter Einsatz umwelttoxischer Substanzen in das BBergG aufgenommen werden.“ Eine rechtliche Definition, was „toxische Substanzen“ sind, existiert nicht. Noch immer liegt das UBA-Gutachten über die Gefahren des Fracking nicht vor.

Eine Stellungnahme von Kanzlerin und CDU/CSU- Bundesministern liegt bislang ebenfalls noch nicht vor. Vor der Sommerpause soll das Eckpunktepapier auf den Weg gebracht, unmittelbar nach der Sommerpause das Gesetzgebungsverfahren (Bundestag und Bundesrat) erfolgen.