Aug 112015
 

Fast zwei Jahre warten die Bewohnerinnen und Bewohner im Schwedeneck auf die Fortsetzung der Diskussion um die Bewilligung der Ölförderung, die dem RWE Dea-Konzern vom LBEG (Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie) erteilt wurde. Auf einer Diskussionsveranstaltung im Dez. 2013 hatten Konzernvertreter angekündigt, in regelmäßigen Abständen die Gemeinde und die Bürger über den Stand des Projektes zu informieren und ihren Betriebsplan mit der Gemeinde abzustimmen. (siehe hier). Darauf wartet die Gemeinde bis heute. Bürgermeister Jonas hatte in einer Stellungnahme an RWE Dea um eine Antwort gebeten, auch darauf wartet er bis heute. Mittlerweile wurde RWE Dea von dem russischen Konzern LetterOne aufgekauft und nennt sich jetzt wieder DEA Deutsche Erdöl-AG (Dahinter steht als Haupteigentümer die Alfa Group um den russischen Oligarchen Michail Fridman).

Eine ehemalige Pferdekopfpumpe der Fa. Wintershall steht zur Erinnerung in Sprenge

Eine ehemalige Pferdekopfpumpe der Fa. Wintershall steht zur Erinnerung in Sprenge

 

Im Bewilligungsverfahren kann sich RWE Dea auf länger zurück liegende Ölfördererlaubnisse in dem Bereich von Schwedeneck-See bis hin zu den Feldern östlich der Kieler Förde berufen. Und so wurde ihnen im Rahmen des „Erlaubnisfeldes Preetz-Restfläche“ neben dem Feld in Schwedeneck auch weitere Bewilligungen für die Felder Plön-Ost, Preetz und Warnau erteilt.

 

Im Schwedeneck besteht die akute Gefahr erneuter Ölförderung, denn der Konzern hatte in Schwedeneck See bereits mit zwei Bohrplattformen Öl gefördert, bis die Quellen mit den derzeitigen Methoden erschöpft waren. Aber sie gehen davon aus, dass sie mit den neuen horizontalen Bohrmethoden von Schwedeneck aus ca. 6 km bohren können, um an die ihnen bekannten Stellen heranzukommen. Vor zwei Jahren war auf der Veranstaltung bereits die Diskussion, ob sich das denn überhaupt bei der geringen Menge lohnt. Aber damals stieg der Ölpreis noch fast jeden Tag und RWE Dea erklärte, dass es sich ab einem bestimmten Preis lohnt. Nun ist aber zwischenzeitlich der Ölpreis ins Bodenlose abgesackt und nachdem Umweltminister Habeck den Förderzins um das Doppelte erhöhte, hat z. B. der kanadische Ölkonzern PRD Energie die Aufsuchungserlaubnis für das Feld Gettorf (über Eckernförde, Kiel bis nach Neumünster) wieder zurückgegeben. Auch das Feld Uelzen haben sie gerade am 14.7.2014 wieder abgegeben, zur Freude der Bürgerinitiative Umweltschutz Uelzen.

Die Geschichte der Ölförderung im Schwedeneck ist geprägt durch die Fa. Wintershall, eine 100%ige Tochter der BASF AG. In Sprenge kann eine alte Pferdekopfpumpe besichtigt werden und auf einer Infotafel ist zu lesen: „Der Konzern ist heute der größte deutsche Erdöl- und Erdgasproduzent.“ Über ihre Ölförderung im Schwedeneck steht dort:

Das alte Erölförderfeld im Schwedeneck

Das alte Erölförderfeld im Schwedeneck

„Das Erdölfeld Schwedeneck erstreckt sich im Dänischen Wohld von der Küste bei Eckernholm über Sprenge bis westlich Scharnhagen (siehe Übersichtskarte). Gut poröse Sandsteine des Dogger beta (siehe West-Ost-Schnitt) bilden in etwa 1500 m Tiefe die Speichergesteine. Diese werden durch jüngere tonige Schichten der Unterkreide (Alb-Stufe) überdeckt. Hierdurch entstand eine Ölfalle, in der sich aus dem Muttergestein einwanderndes Erdöl sammeln und zu einer Lagerstätte anreichern konnte. Geologen sprechen von einer Transgressionslagerstätte. Im Jahre 1956 wurde die Produktion aufgenommen. Bis zur Erschöpfung des Feldes 1991 wurden dann ca. 0,76 Mio. t Öl gefördert. Die Dogger beta-Lagerstätte setzt sich unterhalb der Ostsee fort. Dort wird das Erdölfeld Schwedeneck-See genannt, aus dem von 1984 bis 2000 ca. 3,5 Mio. t Erdöl mit Hilfe von zwei Förderplattformen gewonnen wurden.“

Der Weg des Erdöls - Das vergiftete Lagerstättenwasser wurde wieder in den Untergrund gepresst.

Der Weg des Erdöls – Das vergiftete Lagerstättenwasser wurde wieder in den Untergrund gepresst.

In einer Grafik wird gezeigt, wie das Erdöl über eine Wasserinjektion unter Druck gesetzt wird und mit Öl an die Oberfläche gepumpt wird. Das vom Öl getrennte Lagerstättenwasser wird dann wieder in 1500 m Tiefe gepresst. Welches Wasser und wie viel dafür verbraucht wird ist dabei kein Thema und schon gar nicht die Gefahren, die durch das Einpressen des giftigen Lagerstättenwasser für die Trinkwasserversorgung und die Umwelt  in Kauf genommen wurden.

 

Aber was erwartet uns im Schwedeneck mit RWE Dea? 

Genau das oben beschriebene Gebiet ist vom LBEG bewilligt worden. Um hier wieder Ölförderung zu betreiben, ist zu befürchten, dass sie mit neuen Methoden unter Einsatz von Chemie weiter fördern wollen. Vielleicht warten sie nur auf die Verabschiedung des neuen Bundesgesetzes, dass ihnen rechtlichen Schutz gibt, weil u.a. die Ölförderung von den Fracking-Regelungen ausgeklammert werden soll. Obwohl RWE Dea erklärte, sie würden die Fracking-Methode gar nicht anwenden, ist es auch für sie klar, dass Ölförderung ohne Einsatz von Chemie gar nicht möglich ist. Wenn ihnen dann die Bundesgesetzgebung entgegenkommt, eröffnen sich aber vielleicht Möglichkeiten, dann mit „modernen“ Methoden profitable Ergebnisse zu erzielen.

Seltsames Bewilligungsverfahren

Am 13.3.2013 wurde RWE Dea die Bewilligung für das Feld Schwedeneck-See gemäß des Bundesberggesetzes erteilt. Im Vorwege musste das LBEG ein Beteiligungsverfahren einleiten in dem Stellungsnahmen vom MELUR (Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume), von der Wehrbereichsverwaltung Nord, der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Nord, der Deutschen Telekom AG – Seekabel und vom Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie eingeholt werden mussten. Jedoch nicht von der betroffenden Gemeinde Schwedeneck. Während fast alle Beteiligten ihre Zustimmung erklärten, ist es bemerkenswert, dass das schleswig-holsteinische Umweltministerium in einer detailierten Auflistung geprüft hat, ob der Bewilligung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen, die eine Ölförderung ausschließen.

Dabei kommen sie in der Stellungnahme vom 17.10.2012 zu dem eindeutigen Urteil:

„Aufgrund der vorstehenden Ausführungen komme ich zu dem Schluss, dass Interessen des Natur- und Artenschutzes das beantragte Vorhaben im gesamten Feld ausschließen.“

Dabei geht es um folgende europäische Schutzgebiete (Natura 2000-Gebiete) in dem Bewilligungfeld:

1. EG-Vogelschutzgebiet „Eckernförder Bucht mit Flachgründen“
2. FFH-Gebiet „Südküste der Eckernförder Bucht und vorgelagerte Flachgründe“
3. FFH-Gebiet „Naturwald Stodthagen und angrenzende Hochmoore“

Außerdem geht es u.a. auch um den Schutz der Schweinswale, die durch eine mit Seismik verbundene Wiedererschließungsbohrung gefährdet wären.

Darüberhinaus gibt es im Bewilligungsgebiet Wasserschutzgebiete und Wassergewinnungsanlagen, die eine Aufsuchungarbeit oder Fördertätigkeiten verbieten.

Der Konzern macht Druck

Am 21.1.2013 richtete RWE Dea einen Beschwerdebrief an das LBEG und fragte wieso sie nach zwei Jahren immer noch keine Bewilligung erhalten haben, was doch üblicherweise in einem Zeitraum von 6-8 Monaten zu erwarten wäre. Und sie schreiben: „Wir bitten Sie nunmehr, jetzt die von uns beantragten Bewilligungen zu erteilen, um zusätzliche nachteilige Folgen einer weiteren Verzögerung zu vermeiden.“ Das LBEG entschuldigte sich damit, dass sie vom zuständigen schleswig-holsteinischen Ministerium MERLUR noch keine Rückmeldung erhalten hätten.

Die Bewilligung für RWE Dea kam dann doch ziemlich schnell zustande und wurde für die Dauer von 4 Jahren vom 1.4.2013 bis zum 31.3.2017 erteilt. In dem Bewilligungsbescheid stehen sämtliche Gründe des Umweltministeriums, die die Bewilligung ausschließen. Allerdings fehlen die wasserschutzrechtlichen Belange. Trotzdem wurde die Bewilligung erteilt.

Die naturschutzrechtlichen Aspekte seien in einem nachfolgenden Betriebsplan-Zulassungsverfahren vertieft zu prüfen. Für diesen Vorgang gibt es im Deutschen wohl kein angemessenes Wort.

Allerdings hat RWE Dea bis heute keinen Betriebsplan vorgelegt, der für den Beginn der Ölförderung nötig wäre.

Die Kieler Aktionsgemeinschaft Stoppt Fracking im Großraum Kiel veranstaltet am
Do., 3. September um 19.30 Uhr in Binges Gasthof (Surendorf) eine Informationsveranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister der Gemeinde Schwedeneck unter dem Thema „Ölförderung im Schwedeneck – Was erwartet uns? Wie können wir es verhindern?“

– Der Bürgermeister Gustav Otto Jonas berichtet über den aktuellen Stand.

Siegried Sensch (Erdölgeologe, Bürgerinitiative frackingfreies Auenland) ist eingeladen, um zu den Interessen der Ölkonzerne, zu den Fördermethoden und über Gefahren durch Ölförderung und Flowback zu referieren.

Patrick Breyer, Mitglied des Landtags, berichtet über eine Gesetzesinitiative zum Wasserschutz und über die geplante Volksinitiative gegen Fracking in Schleswig-Holstein.

– Die Biologin Jutta Walter (Aktivistin der BI Prasdorf und Mitglied der Kieler Aktionsgemeinschaft) berichtet über die naturschutzfachlichen Bedenken im Zusammenhang mit den Natura 2000-Gebieten und den FFH-Gebieten im Schwedeneck, auch mit Blick auf die Schweinswale. Auch aktuelle Situation um die Bundesgesetzgebung zum Fracking wird angesprochen.

In der anschließenden Diskussion soll über eine Verhinderung der Ölförderung im Schwedeneck beraten werden. Alle Interessierten sind herzlich willkommen.

Uwe Stahl

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